Rache ist Blutwurst!
Sweeney Todd
Stephen Sondheim
Bei diesem großen Musical auf der Bühne des Schillertheaters zeigt sich Regisseur Barrie Kosky als Meister des Makabren. Ein ebenso bitterböser wie lustvoll-schauriger musikalischer Thriller aus der Feder Stephen Sondheims über die blutige Rache des legendären Londoner Friseurs Sweeney Todd. An der Seite der Titelfigur als Fleischpasteten-Königin Mrs. Lovett: Dagmar Manzel!
London in seiner ganzen Tristesse: Benjamin Barker, anständiger Friseur aus einfachsten Verhältnissen, wird von Richter Turpin, der es auf dessen hübsche Frau abgesehen hat, völlig zu Unrecht zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Jahre später kehrt Barker zurück und hat nur noch eines im Sinn: Rache. Barkers Frau habe sich umgebracht, berichtet ihm die völlig abgebrannte, wenn auch geschäftstüchtige Pastetenbäckerin Mrs. Lovett. Und so startet Benjamin Barker alias Sweeney Todd nicht nur einen äußerst effizienten Rachefeldzug, sondern mit seiner Informantin auch ein florierendes Joint-Venture im Fleischpasteten-Sektor …
Die Geschichte des zum Massenmörder mutierten »dämonischen Barbiers aus der Fleet Street« erschien erstmals 1846 als Groschenroman unter dem Titel The String of Pearls und diente als Vorlage zahlreicher dramatischer und filmischer Adaptionen. Musikalisch ließ sich Sondheim für sein »Thriller Musical« von klassischer Filmmusik ebenso inspirieren wie von Richard Wagners Leitmotivtechnik. Barrie Kosky inszeniert seine Version des Musical-Klassikers als eine »Kindertheater-Albtraum-Collage« mit jener zwischen Ekel und Lachen irisierenden Lust am Horror, die das Publikum seit jeher fasziniert. Ohne Pardon geht Kosky dabei der Frage nach, zu was der Mensch imstande ist, wenn er der Logik der Rache bis zum bitteren Ende folgt, und was dabei auf dem Spiel steht.
ÜBRIGENS
Vernascht wird sich in Mythos und Märchen schon seit der Antike: Chronos frisst seine Kinder, Titus Andronicus serviert die Gegner als Fleischpastete und die Hexe freut sich auf Hänsel zum Abendessen.
Vorgeschichte
Benjamin Barker war einst ein glücklicher Barbier in London – verheiratet mit der schönen Lucy und stolzer Vater der kleinen Johanna. Doch auch Richter Turpin hatte ein Auge auf Lucy geworfen. Er ließ Barker unschuldig verurteilen und verbannen. Während Barkers Exil vergewaltigte Turpin Lucy, die sich anschließend vergiftete. Johanna wuchs fortan unter Turpins Gewalt auf.
Benjamin Barker war einst ein glücklicher Barbier in London – verheiratet mit der schönen Lucy und stolzer Vater der kleinen Johanna. Doch auch Richter Turpin hatte ein Auge auf Lucy geworfen. Er ließ Barker unschuldig verurteilen und verbannen. Während Barkers Exil vergewaltigte Turpin Lucy, die sich anschließend vergiftete. Johanna wuchs fortan unter Turpins Gewalt auf.
1. Akt
15 Jahre sind vergangen: In Begleitung des jungen Seefahrers Anthony Hope kehrt Benjamin Barker unter dem falschen Namen Sweeney Todd nach London zurück. Schon am Hafen werden sie von einer aufdringlichen Bettlerin angegangen, die sie nur schwer abschütteln können. Kurz darauf nehmen Sweeney und Anthony vorerst Abschied voneinander. Getrieben von dem brennenden Wunsch nach Rache, begibt Sweeney sich auf die Suche nach seinem ehemaligen Laden in der Fleet Street. Dort trifft er auf die Bäckerin Mrs. Lovett, deren Geschäft vor dem Bankrott steht – in ganz London finden sich nirgends so miserabel schmeckende Pasteten wie bei ihr! Mrs. Lovett erzählt Sweeney von der tragischen Geschichte Benjamin Barkers und erkennt an seiner Reaktion seine wahre Identität. Zur gleichen Zeit verliebt sich Anthony in Johanna, die noch immer in der Gewalt des sexuell übergriffigen Richters ist. Anthony schmiedet einen Plan, um sie zu befreien.
Auf dem belebten Marktplatz von London treffen Sweeney und Mrs. Lovett auf den Jungen Tobias und dessen exzentrischen Herren Adolfo Pirelli, der bei einem Barbier-Wettbewerb seine Künste mit denen von Sweeney messen will. Sweeney gewinnt. Doch nur kurze Zeit später steht Pirelli vor der Tür seines wiedereröffneten Barbiergeschäfts und versucht seinen Rivalen zu erpressen – ein verhängnisvoller Fehler, denn Sweeney tötet Pirelli kurzerhand. Auch Richter Turpin stattet Sweeney einen unerwarteten Besuch ab, doch als ganz plötzlich Anthony hereinplatzt, ist die Chance auf Vergeltung vertan. Völlig außer sich, wendet Sweeney seine Wut gegen die gesamte Menschheit und schwört fortan, all seinen Kunden die Kehle aufzuschlitzen. Mrs. Lovett reagiert pragmatisch und präsentiert einen makabren Plan: Warum nicht aus der Tugend ein Geschäft machen und die Leichen zu schmackhaften Fleischpasteten verarbeiten?
The Demon Barber of Fleet Street
Ein Musical-Thriller [ 1979 ]
Musik und Gesangstexte von STEPHEN SONDHEIM Buch von HUGH WHEELER
Nach dem gleichnamigen Stück von CHRISTOPHER BOND
Regie der Originalproduktion am Broadway: HAROLD PRINCE
Orchestrierung von JONATHAN TUNICK
Original-Broadwayproduktion von Richard Barr, Charles Woodward, Robert Fryer, Mary Lea Johnson, Martin Richards in Zusammenarbeit mit Dean und Judy Manos
Ein Musical-Thriller [ 1979 ]
Musik und Gesangstexte von STEPHEN SONDHEIM Buch von HUGH WHEELER
Nach dem gleichnamigen Stück von CHRISTOPHER BOND
Regie der Originalproduktion am Broadway: HAROLD PRINCE
Orchestrierung von JONATHAN TUNICK
Original-Broadwayproduktion von Richard Barr, Charles Woodward, Robert Fryer, Mary Lea Johnson, Martin Richards in Zusammenarbeit mit Dean und Judy Manos
Premiere am 17. November 2024
Koproduktion mit Opéra national du Rhin und Finnish National Opera and Ballet
Empfohlen ab Klasse 9
Englisch
2h 55min, inkl. Pause
30 min vor jeder Vorstellung findet eine Stückeinführung im Foyer statt (außer vor Premieren, Kinderopern, konzertanten Aufführungen, Silvester- und Sonderveranstaltungen)
KOBSweeneyTodd
21. November 2024
Ekelhaft, Gruselig, Lustig!
Stephen Sondheims Musical Sweeney Todd ist das »perfekte Ineinandergreifen von Text und Musik, … in seiner orchestralen Pracht eindeutig das wirkungsvollste«, sagt James Gaffigan. Im Interview spricht Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin über die musikalischen Einflüsse von Jazz, Bossa Nova bis Mozart und Mahler, Wagnerische Leitmotive und das Ertragen einer in der Tat ekelhaften Geschichte.
#KOBSweeneyTodd
Interview
19. November 2024
Mord ist sein Hobby
Makabrer Kannibalismus, grausame Vergewaltigungen und jede Menge Blut – all das assoziieren wohl die allerwenigsten mit einem kommerziellen Broadway-Musical. Und doch sind es genau diese Aspekte, welche Stephen Sondheims Musical-Thriller Sweeney Todd so faszinierend machen. Ganz ohne Irritationen ging das Erfolgsstück anfangs freilich nicht über die Bühne. Denn trotz acht Tony Awards und einem Broadwaylauf von 557 Aufführungen in seiner Premierensaison, stellte die Neuartigkeit des Werkes das Publikum vor Rätsel: Ist das jetzt ein Musical? Eine Oper? Ein Melodram? Eine Tragödie? Eine Komödie? Nicht nur mit zahllosen Morden konfrontiert uns das Werk, die Berge an Leichen werden auch noch zu Fleischpasteten verarbeitet und einer nichts ahnenden Kundschaft zum Essen serviert. Serienmorde und Kannibalismus – darf man über so etwas denn überhaupt lachen? Eine Einführung von Daniel Andrés Eberhard.
#KOBSweeneyTodd
Einführung
18. November 2024
Musikalisch eine reine Freude. Der von David Cavelius einstudierte Chor ist in dieser Stadt als Opernchor zurzeit ohne Konkurrenz, gesanglich erweist er sich als ebenso überlegen wie in gestalterischer Schärfe und Spielfreude. Und James Gaffigan am Pult des Orchesters der Komischen Oper gelingt eine pointierte und farblich enorm reiche Interpretation, die in keinem Moment den Faden verliert. Man spürt den Spaß, den die Arbeit an einer so reizvoll zwischen kompositorischem Anspruch und Popularität oszillierenden Partitur machen muss. Die melodischen Reize ... gelingen so präsent, wie die hintergründige leitmotivische Struktur stets spürbar bleibt.
Peter Uehling, Berliner Zeitung
Die Komische Oper bringt »Sweeney Todd« und die beste Pastete von London auf die Bühne
Die Komische Oper bringt »Sweeney Todd« und die beste Pastete von London auf die Bühne
#KOBSweeneyTodd
12. November 2024
Rules of Tragedy
Eigentlich spielt das Musical Sweeney Todd in einem viktorianischen London des 19. Jahrhunderts. Doch in Barrie Koskys Inszenierung präsentiert die Bühne sie als modernere Metropole, inspiriert vom Berlin der 1920er und 1930er Jahre und der Ära Margaret Thatchers. So mutiert dieses »Labyrinth der Hoffnungslosigkeit« auf der Bühne noch stärker zum Kampfplatz privilegierter Oberschicht und dem Milieu der Arbeiterklasse. Aus der Geschichte eines Rachefeldzugs wächst mit dem Musical »Sweeney Todd« an der Komischen Oper Berlin ein düster-komisches Panorama, das seinen Fokus auf das albtraumhafte Leben der Mittellosen in heutigen Großstädten setzt. Im Interview erzählt Regisseur Barrie Kosky, wie zwei fast sympathische Soziopathen –angetrieben von Leid und Rache – die feinsten Pasteten in einem solchen Moloch auftischen, wie viel Shakespeareanleihen in dem Musicalklassiker steckt, und wie überzeugend Horror und Komödie miteinander harmonieren können.
#KOBSweeneyTodd
Interview
Weitere Produktionen